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Unterhauner Kirchberg

Die erste Bauphase der Kreuzbergkapelle auf dem Kirchberg fällt in die Zeit des 8., spätestens 10. Jahrhunderts. Eine Erwähnung stammt aus dem Jahre 1185.

 

Vermutlich befand sich hier eine vorchristliche Kult-,Versammlungs- oder Gerichtsstätte. Die Orte, an denen solche Städte lagen, mussten zentral liegen und gut zu finden sein. Häufig wählte man deshalb Hügel oder Plätze mit markanten Landmarken wie Steine, Felsen, Bäumen wie etwa Linden, Eichen oder örtliche Gegebenheiten wie Haine. Meistens war der "Thing", wie diese Versammlungsstätte genannt wurde, auch der Ort, an dem sich das Stammesheiligtum befand.

Der Thingplatz wurde ringsherum mit Steinen oder Haselstangen eingehegt. Innerhalb dieser Stätte galt der Thingfriede.

Das Thing fand unter Vorsitz des Stammes-, Sippenoberhauptes oder dem "Hundo oder Hund" unter freiem Himmel statt und stets am Tag zu festgelegten Zeiten. Daher kommt auch der Name "Tagung". Die Thingordnung regelte, wann und wo die Versammlungen stattfanden, wer teilnehmen durfte. Versammlungen dienten dem Zwecke der Meinungsfindung und zur Rechtsprechung im Stammesgebiet.

 

Was ist ein Hundo oder Hund?

 

Die vorchristliche Stammesführung und Gerichtsbarkeit wurde von dem "Hundo" geführt. Heute kommt dieser Name im Wort Hundertschaft oder Hundertschaftsführer vor. Diese Gerichtsbarkeit oder Hundsgericht hatte als Symbol einen Hund.

Als äußeres Zeichen diente ein Hundekopf, den der Hundo auf seinem Haupt trug. eine Zeichnung des Märtyrertodes Bonifatius zeigt z.B., wie er durch die Hand eines Hundertschaftführers mit einem Hundekopf zu Tode kommt. Auch die spätere mittelalterliche niedere Gerichtsbarkeit führte das Symbol des Hundes weiter. Auf einer Grabsteinplatte im Inneren der Stiftsruine ist das Symbol zu erkennen. 

 

Gedenkstein

 

Im Buch "Im Herzen der Buchonia" von Victor Sabo geht der Autor auch auf die Deutung des

Namens "Haune" in vorchristlicher Zeit ein.

Vielleicht könnte damit ein Herrschaftsgebiet eines solchen Hundos gemeint und daraus das

Rittergeschlecht derer von Hune oder Haune

entstanden sein. Über den Hundo, Hund,

Hunahe, Hune hat sich vermutlich der Name

Haune entwickelt.

 

Als sich 736 Sturmius in Hersfeld niederließ und

wenig später Lullus mit dem Aufbau des Klosters

Hersfeld begann, begann auch hier die Zeit der Christianisierung. Eine damals möglicherweise

vorhandene vorchristliche Stätte dort oben wird nicht verborgen geblieben sein. Die Vorgehensweise der Christianisierung war u.a. meist mit der Umwandlung der heidnischen in eine christliche Stätte verbunden. Dabei ging man durchaus radikal vor, wie das Beispiel der Fällung der Donar-Eiche bei Geismar durch Bonifatius im Jahre 723 zeigt. So wurden Stammesheiligtümer wie Steine mit christlichen Symbolen, mit einem Kreuz versehen bzw. in eine Kreuzform umgearbeitet oder in das Mauerwerk der Kapelle eingemauert oder eingebaut. Auch wurde das Holz einer Eiche oder Linde für den Bau der Kapelle benutzt. Für eine vorchristliche Stätte fehlt allerdings hier noch der Beweis.

 

Bei den Letzten Ausgrabungen 1937 konzentrierte man sich auf die Kapellenruine, da die damals noch vorhandenen Grabstätten eine weitere Ausgrabung nicht zuließen. Auch die unmittelbare Umgebung wurde nach meinen Erkenntnissen nicht in die Ausgrabung mit einbezogen. An Stellen vorchristlicher Stätten errichtete man religiöse Bauwerke wie Kapellen und Kirchen, die als Grabmal bedeutender Personen dienten oder Siedlungen. Was auch hier durch die Kreuzkapelle, Gräbern und Erinnerungsstätten der Weltkriege bis heute der Fall ist. Die Kapelle liegt, damals wie heute, im Einzugsbereich der Unterhauner Kirche. Sie wurde geistlich vom Hersfelder Kloster und später der dortigen evangelischen Kirchenverwaltung betreut. In der mittelalterlichen und auch früheren Zeit lagen neben den heute bekannten Ortschaften noch Wüstungen in der näheren Umgebung.

 

  • Wüstung Fridelenrot in der Nähe des Dorfes Unterhaun. Etwa im Bereich des Forsthauses.
  • Wüstung Heselrit bei Hilperhausen
  • Wüstung Kreuzberg am Fuße des Johannesberges bei Unterhaun

       Diese Wüstung lag hier den Berg hinaufunterhalb der Straße, die steil zum Johannesberg hinauf führte.

       Funde von Scherben, die bei der Bearbeitung der Felder ans Tageslicht kamen sind Beleg dafür.

  • Wüstung Laufe am rechten Fuldaufer unter dem Johannesberg, was im Zusammenhang mit "Laufholz"

       zu sehen ist

  • Withof - ein Vorwerk (Dorf vor 1370) unter dem Johannesberg an der Haune bei Unterhaun.
  • Zum Sande, wahrscheinlich ein Wohnort auf dem nordöstlichen Abhange des Johannesberges

 

Für den am Fuße des Kreuzberges gelegenen Ort Unterhaun wird auch in verschiedenen Aufzeichnungen der Ortsname Kreuzburg oder Kreuzbach verwendet. Kreuzbach deshalb, weil die Haune, Scheersbach und Weihersbach ein Kreuz bilden. Der Name Kreuzburg könnte auf einen Fluchtort hier oben hinweisen, den man bei Gefahr aufsuchen und verteidigen konnte. Möglicherweise war hier auch eine wehrhafte Befestigung bzw. Wehrkirche, was auch der Bezirksarchäologe Dr. Sippel vermutet. Die Lage spricht jedenfalls dafür. Wenn man sich die Bäume wegdenkt, hat man einen weiten Blick in das Haune- und Eitratal. Ebenso in Richtung Hersfeld, in das Fuldatal. Steil abfallende Hänge und der einzige Zugang hier vorne, der sich gut verteidigen ließ. Die Lage spricht deshalb aber auch für eine vorchristliche Versammlungs-, Kult- oder Gerichtsstätte.

 

Bei den hier oben stattgefundenen Ausgrabungen 1937 durch Dr. Wesenberg fand man u.a. zwei Grab-Kreuzsteine. Ein Grab-Kreuzstein ist in das 14./15. Jahrhundert zu datieren. Der andere um 1100, hergestellt in der Ritzsteintechnik und ist der älteste Stein dieser Art in Hessen. Er steht im Treppenhaus des Bad Hersfelder Heimatmuseums auf einem Podest in der 2. Etage. Der Verbleib des anderen Steins ist noch nicht geklärt, da er auch nicht in der Museumskartei zu finden ist.

Weiter fand man das Bruchstück eines Steinkreuzes, wovon nur der obere Teil eines Gesamtkreuzes erhalten ist. Es ist hier vorne auf der Mauer beim Eingang zu sehen. Das Steinkreuz ist mit einer sogenannten "Haue" versehen, was als historisches Müllerzeichen zu deuten ist. Dieses Symbol stellt den Kraftschluss zwischen der rotierenden Achse und dem Läuferstein einer Mühle her. Eine Inschrift auf dem Querbalken links oben beginnt mit den beiden Buchstaben "AO" für ANNO, danach folgen vier Ziffern die von den Ausgräbern als eine "1" und die zweite Zahl als eine spätgotische "5"

gelesen wurde, so glaubte man die Jahreszahl 1514 zu erkennen.

 

Heute sind die Inschriftreste auf dem Querbalken bis zur Unkenntlichkeit verwittert. Nur noch die Haue darunter ist einigermaßen gut erhalten. Das Steinkreuz deutet Prof. Dr. Azzola so, dass es als ein Sühnekreuz für einen umgekommenen Müller aufgestellt wurde. Es soll die Vorübergehenden dazu auffordern, für die Seele des Verstorbenen zu beten. Das rückseitige Befestigungsloch einer Stütze deutet darauf hin, dass dieses Kreuz wahrscheinlich am Wegesrand oder hier am Eingang aufgestellt worden war. Das vor uns liegende Gelände diente bis 1904 als Begräbnisstätte. Das sieht man an den noch erhaltenen 50 Grabsteinen die hier im Jahre 1967 nach der endgültigen Auflösung als Friedhof in vier Grabsteingruppen aufgestellt wurden. Man war damals so weitsichtig, dass sie Gott sei Dank erhalten geblieben sind. Sie bieten damit auch einen Blick in die Unterhauner Vergangenheit und an die Kunst der Steinmetzarbeiten jener Zeit. Die meisten dieser Grabsteine kann man als "sprechende Grabsteine" bezeichnen, weil neben textlichen Beschreibungen über die Verstorbenen auch die verstorbene Person oder die ganze Familie figürlich dargestellt ist. Weiter sieht man Blumen und Ranken, sowie zwei Engel, die eine Krone oder eine Weinrebe halten. Ebenso wurden die Rückseiten mit Texten aus Bibel und Gesangbuch oder auch kurzen Lebensbeschreibungen versehen. Andere nicht aufgestellte Grabsteine wurden als Mauerwerk an der südlichen Seite verwendet.

 

Von einem noch gut zu lesenden Grabstein möchte ich beispielhaft wiedergeben:

 

Hier schlummern die Geschwister Heinrich und Anna Margretha Knoth des hiesigen Schulmeisters Johann Knoth et uxor (weiblicher Ehegatte) Dorothea eine geborene Zuschlag, Kinder. Ersterer ruhet rechts, starb am 26.April 1826 und war alt 4 Jahre 11 M. und 5 T.

Letztere ruhet links, starb am 22. Juni 1831 und war 14 Jahre 10 M. und 11 Tage alt.

Auf einem weiteren Grabstein des Hauptmanns Philipp Wilhelm Daum ist auf der Rückseite teilweise noch über seine Tapferkeit und Heldenmut zu lesen.

 

Was gibt es über die Kapellenruine zu berichten?

 

Die Ausgrabungen von Wesenberg im Jahre 1937 legten die heute zu sehenden Grundmauern frei. Anhand der noch stehenden Mauern und des kleeblattförmigen Innenbereichs, Konchen genannt, kann man sich mit etwas Fantasie das Aussehender Kapelle vorstellen. Über dem Kapelleneingang ist ein monolithes Fenster erhalten. Monolith bedeutet, dass es aus einem Stein gehauen wurde. Es könnte auch noch aus einem Vorgängerbau stammen. Die Kapelle hatte wahrscheinlich drei Bauphasen. In östlicher Richtung sind noch Grundmauern zu erkennen, die auf einen späteren Anbau schließen lassen. Die ursprüngliche Bodensohle, auf der man in Höhe der Kapelle steht, dürfte fasst einen Meter tiefer liegen. Auch das Kapelleninnere, wie man auf den Fotos der Ausgrabung von 1937 sieht, weißt einen tieferen Boden als die jetzt zu sehenden Konchen aus. Die Konchen gehörten zum ältesten Teil der Kapelle, sind durch die Pflasterung nur etwas höher und bewusst mit Natursteinen ausgelegt. Auch gehören sie zu den größten baugeschichtlichen Seltenheiten

Hessens.

 

Warum ist die Kapelle eine Ruine und wo sind die fehlenden Steine?

 

Die heutige evangelische Kirche in Unterhaun wurde 1736 errichtet und die vorher hier oben stattfindende gottesdienstliche Betreuung durch den Pfarrer verlagerte sich dorhin. Vermutlich wurde der Gottesdienst bereits schon früher unten abgehalten, denn es war ja ein ziemlich beschwerlicher Weg auf den Kirchberg, besonders wenn ein Begräbnis stattfand.

Im Jahre 1755 wurde die Kapelle von der evangelischen Kirche für den Abbruch freigegeben, mit dem Zusatz, dass die Steine für die Umfassungsmauer verwendet werden sollen. Vielleicht finden sich aber auch noch Steine in den älteren Unterhauner Häusern wieder. Die Abbrucharbeiten wurden schließlich beendet, sodass die heutige Substanz erhalten blieb. Der südliche Bereich dient der Gemeinde Unterhaun als Erinnerung zum Gedenken an die Opfer des 1. und 2. Weltkrieges. Hierzu wurde für die Opfer der Kriege eine Gedenkstätte mit Nameninschriften aufgestellt. Ebenso wird mit einem Gedenkstein dem in Brandenburg am 08.05.1944 hingerichteten Widerstandskämpfer Georg Großcurth aus Unterhaun gedacht. Es ist also eine historische Stätte, die bis in die heutige Zeit ihre Symbol- und Anziehungskraft nicht verloren hat.                                                                                                                                                                               

Ruine                                                   

Das Gelände wird bei den jährlichen Aktionstagen von Unterhauner Bürgern gepflegt und kleine Instandsetzungen vorgenommen. Es wird aber wieder einmal Zeit für eine größere Maßnahme, um den Erhalt der Kapellenruine und der Mauer zu gewährleisten, woran ich bereits arbeite.

 

Ich danke für Ihr Interesse!

Wenn Sie zu diesem Thema noch Fragen haben sollten, werde ich sie gerne persönlich beantworten.

Dazu stehe ich Ihnen jederzeit zur Verfügung!

 

Bericht von Gerhard Kraft, ehrenamtlicher Archivar der Gemeinde Hauneck 

 


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